Von Sebastian Keller, September 2015
Gewaltfreie Kommunikation (GFK) von Marshall B. Rosenberg ist ein Kommunikationsmuster, um Konflikte zu deeskalieren. In selbstorganisierten Teams werden Entscheidungen gemeinsam getroffen. Dabei kommt es vor, dass Teammitglieder:innen hitzige Diskussionen führen. Im schlimmsten Fall schaukeln sich solche Gespräche hoch, bis Teammitglieder:innen nicht mehr miteinander reden oder arbeiten wollen. Man kann ein Muster bei diesen Gesprächen feststellen: Die Beteiligten wechseln sich im Dialog schnell ab und sprechen nur noch über ihre eigenen Standpunkte. Sie nehmen sich keine Zeit, sich gegenseitig zu verstehen.
GFK schlägt vor, Aussagen mit vier Bestandteilen zu formulieren:
- Beobachtung
- Gefühl
- Bedürfnis
- Wunsch
„Bei den letzten vier Daily Standups habe ich beobachtet, dass du dich hingesetzt hast (Beobachtung). Ich bin irritiert und nervös (Gefühle), weil ich gegenseitigen Respekt und Authentizität gegenüber unseren Regeln brauche (unerfülltes Bedürfnis). Möchtest du mir bitte sagen, was du gehört hast, was ich gerade gesagt habe (Wunsch)?"
Mit GFK würde so jedoch der Dialog nicht beginnen. Das andere Teammitglied wäre wohl überrascht und würde vielleicht aggressiv reagieren. „Ich mach doch bei diesem blöden Meeting mit! Was willst du denn noch?"
Mit GFK ist der erste Schritt, sich Selbstempathie in einem inneren Monolog zu schenken. Dabei geht man die vier Bausteine wie im obigen Beispiel durch, um sich über seine Gefühle und die unerfüllten Bedürfnisse klar zu werden. Dann beginnt man den Dialog mit dem Schenken von Empathie an den, den man ansprechen will. „Wenn wir ein Daily Standup machen und du dich hinsetzt (Beobachtung), bist du verärgert (Gefühl), weil du Vorankommen im Team und Klarheit über den Nutzen dieses Meetings brauchst (Bedürfnisse)?" Es ist OK, wenn man falsch liegt.
„Nein, ich mag dieses Meeting. Ich hab mir vor vier Tagen den Knöchel verstaucht. Mir tun schon fünf Minuten stehen weh."
„Du hast also Schmerzen (Gefühl) und brauchst Entlastung für deinen Fuß (Bedürfnis)?"
„Ja!"
Das "Ja" ist das Zeichen, dass sich das Teammitglied verstanden fühlt. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um über seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu reden.
„Wenn du mir sagst, dass du wegen der Schmerzen beim Standup nicht stehen kannst (Beobachtung), bin ich erleichtert (Gefühl), weil ich Transparenz brauche, wenn eine Teamregel nicht eingehalten wird (erfülltes Bedürfnis). Möchtest du mit mir überlegen, wie wir es für uns im Team einfacher machen, Transparenz herzustellen, wenn wir uns mal nicht an eine Regel halten (Wunsch)?"
GFK hilft dabei, den Dialog zu entschleunigen, sich gegenseitig zu verstehen und eine Lösung zu finden, die alle Bedürfnisse erfüllt.