Die Leitsätze sind heute so zutreffend wie damals und haben auch außerhalb der Softwareentwicklung nachweisliche Gültigkeit und Prominenz erlangt.
Was unterscheidet agil von nicht-agil?
Nicht agil werden, sondern agil bleiben.
Im Folgenden erklären wir, dass ein dynamische Selbstbild Teil des agilen Mindsets ist und wie es zu nachhaltigem Lernen führt.
Es existiert hier kein „Entweder-oder“. Wir können, je nach Situation, die eine oder andere Haltung einnehmen.
Wie führt man ein agiles Mindset im Unternehmen ein?
Agiles Mindset und Agile Leadership
Die Vorteile eines agilen Mindsets wirken sich auf die gesamte Organisation aus. Eine Studie aus 2020 mit 208 mittelständische Unternehmen und Konzernen stellte fest, dass 32 % des Top-Managements agile Arbeitsweisen nicht vorleben. Dagegen scheint es einen deutlichen Kulturwandel im mittleren Management zu geben: Über 80 % der Studienteilnehmer:innen des mittleren Managements lebe agile Arbeitsweisen vor.
Dies ist insofern schade, als dass die Wirkung agiler Arbeitsweisen sehr stark von der Unterstützung und dem Verständnis des oberen Managements abhängt.
Es stellt sich entsprechend der Studie also die berechtigte Frage: „Wie sag ich’s meinem Chef bzw. meiner Chefin?”
Der Weg zu neuen Geisteshaltungen der Mitarbeiter:innen besteht aus Vorleben und Nachahmen. Die Veränderung fängt also bei uns selbst an, damit wir Mitmenschen zu Ähnlichem inspirieren können.
Führungskräfte haben die Aufgabe für eine Arbeitsumgebung zu sorgen, in der ein Growth Mindset gefördert wird und die psychologisch sicher ist, so dass Mitarbeiter:innen sich verletzlich zeigen können. Sei es, weil sie sich trauen, einen Fehler zuzugeben, wiederholt um Erklärung eines Sachverhalts zu fragen oder „Elefanten im Raum“ ansprechen zu können.
Wie das gelingt? Indem Führungskräfte selbst ein Growth Mindset vorleben und sich verletzlich zeigen, also offen über eigene Fehlschläge und Irrwege sprechen. Verletzlichkeit zeigen führt zu Verbundenheit und diese vermittelt ein Gefühl der psychologischen Sicherheit.
Für den Weg zur Führungskraft empfiehlt sich der Weg über den Agile Coach. Diese allparteiliche Rolle erlaubt es, brisante Themen zunächst vertraulich zu besprechen und Lösungswege zu finden; z.B. indem das Feedback in anonymisierter Form „nach oben“ gelangt.
Warum das Umdenken schwerfällt
Wenn Unternehmen Schwierigkeiten mit Innovation und Marktnähe haben, dann liegt das an ihrem Erbe. Es ist der Spiegel ihrer Netzwerke, ihre Prozesse, Strukturen, Systeme und Tools, mit denen sie seit vielen Jahren arbeiten.
Auch wenn der Wunsch nach Veränderung besteht, ist die bisherige Reise mit Wertschätzung zu bedenken, denn schließlich konnte man sich bis hierher so erfolgreich am Markt behaupten. Glückwunsch dazu!
Die Erkenntnis, dass es wie bisher nicht weitergehen kann, ist bereits der erste Erfolg. Glückwunsch auch dazu!
Ja, Veränderung erscheint oft als Mammutaufgabe. Schließlich ist es in der Regel so, dass man das Alte nicht ohne Weiteres gegen etwas Neues eintauschen kann und das kann frustrierend sein. Damit sind Sie nicht allein!
Eine innere Haltung wie die eines agilen Mindsets hilft, Strukturen nicht als gegeben, sondern als kleinschrittig anpassbar zu sehen und kritische Stimmen willkommen zu heißen. Denn so hört man hinter den entrüsteten Stimmen, warum Dinge nicht oder immer noch nicht so laufen wie gedacht, wertvolles Feedback heraus.
Einen sehr wertvollen Artikel dazu hat Dale H. Emery verfasst.
Mit einem Fixed Mindset erkennt man zwar das Problem, argumentiert aber so: „Wir müssen besser kommunizieren und uns an unsere Prozesse und Vereinbarungen halten”.
Mit einem agilen Mindset habe ich hingegen die innere Haltung, dass Prozesse gechallenged und neue Dinge in kleinen Bereichen ausprobiert werden dürfen.
Agiles Mindset verändert die Haltung zu Erfolg und Misserfolg
Ein agiles Mindset hat auch Auswirkungen darauf, wie Vorgesetzte über Erfolg und Misserfolg sprechen. Es geht nicht mehr darum, vorhandener Fähigkeiten zu bestätigen:
Fixed Mindset: „Wow, Euer Erfolg zeigt, dass Ihr gut seid!“
Es geht vielmehr darum, Respekt für eine gute Arbeitsethik zu zeigen:
Growth Mindset: „Wow, Ihr müsst für diesen Erfolg hart gearbeitet haben!“
Es geht also um die inkrementelle Lernentwicklung: nach der Prüfung geht der Lernzyklus weiter. So sind nach dem agilen Mindset Zertifikate und Titel keine Eintrittskarten für die nächste Sprosse der Karriereleiter, sondern Ausdruck dieser nachhaltigen Arbeitsethik.
Umgekehrt geht es bei Misserfolgen darum, dass Mitarbeiter sich auch angesichts wachsender Verantwortung zutrauen, Führung zu übernehmen, statt befürchten zu müssen, irgendwann den höher werdenden Erwartungen nicht mehr gerecht zu werden:
Fixed Mindset: „Er/sie ist wohl nicht der/die Richtige für diese Aufgabe.“
Growth Mindset: „Schade, noch nicht geschafft. Vielleicht klappt’s beim nächsten Mal.“
Wie entwickeln Sie ein agiles Mindset?
In 4 Schritten zum agilen Mindset
Die Entwicklung eines Mindsets ist Selbstführung und kann in 4 Schritten erfolgen:
- Klarheit: In einem ersten Schritt erzeuge ich Klarheit. Ich stelle fest, dass mein Verhalten aufgrund meiner Glaubenssätze zu unerwünschten Effekten führt. Ich gestehe mir ein, dass ich dafür persönlich verantwortlich bin.
- Absicht: Ich formuliere für mich den Wunsch und die Absicht, mich zu verändern und dass ich etwas dafür tun will. Ich nehme mir vor, mich den Situationen zu stellen.
- Bewusstsein: Ich werde mir meiner alten Geisteshaltung in „akuten“ Situationen immer häufiger bewusst. Hilfreich ist es, sich jemandem zu öffnen und darum zu bitten, das eigene alte Verhalten „zu spiegeln“. Hierzu eignet sich zum Beispiel persönliches Coaching.
- Konfrontation: Ich stelle mich dem Erlebten, reflektiere es und geben meinem Hirn damit die Möglichkeit, meine alte Geisteshaltung mit der neuen „zu überschreiben“, damit es eine neue positive Gewohnheit erlernen kann.